Griechische Vasen in A Barranca Fine Arts.

Im September zeigte die Zufallsproduktion in der A Barranca Fine Arts Werke für die Ewigkeit: Griechische Vasen und Kacheln mit antiken erotischen Motiven. Weil die Welt ist nicht nur schwarz-weiß, vielmehr Schwarz auf Rot und Rot auf Schwarz. Das Projekt war schon während der horriblen Corona-Jahre entstanden, die konsequente Realisation ließ sich, wie immer, etwas Zeit. Ja, die Zeit: Ziel ist ja, dass man die archäologische Geschichtsschreibung ein bisschen vom Kopf auf die Füße stellt. Hier ein paar Impressionen, darunter findet sich eine fundierte Kritik von Dr. Peter Stöckl und ganz unten gibt es noch einen Link zu einem Erklär-Video auf YouTube.

 

 

Film: Danke an Franziska Helmreich

 

Und hier noch eine kleine Nach-Kritik von Dr. Peter Stöckl:

 

Cosima Reif:
Griechische Vasen,
eine Zufallsproduktion.

Bereits die Einladungskarte ist große Klasse. Sie wirkt fein, still, sanft, sehr feminin. Der dezent gewährte Blick aufs Dekolleté der mit dem Markergriffel Schaffenden erscheint uns stilvoll und verheißungsvoll. Man und frau als Anvisierte dieser Botschaft ahnen, dass die damit beworbenen Werke sich wohl nicht auf Kringel- und auf Banddekor allein beschränken. Dennoch ist man und frau dann beim ersten Anblick der gezeigten Werke verblüfft von der Direktheit des im Stile griechischer Antike unbekümmert frech-frivol Gezeigten.

Nun zeigt Cosima uns nichts bloß aus der Antike Repliziertes – und auch nichts aus der Antike in die Gegenwart nur vermeintlich passend Transformiertes. Vielmehr zeigt Cosima uns witzig auf den Punkt gebrachte Archetypen menschlichen Verhaltens, die bloß auf einen allerersten Blick sich pornografisch geben.

Als pornografisch gilt uns, wenn’s nicht medizinisch oder aufklärend gedacht, alles, wo ein Mann mit großem steifem Glied sich präsentiert. Besonders dann, wenn eine mit ins Bild gesetzte halb oder auch ganz entblößte Frau oder ein anderer Mann so tun, als seien sie darob entzückt und selbstverständlich auch bereit, dem Träger jener zweifelhaften Pracht die Befriedigung des Triebes sogleich unterwürfig zu verschaffen.

Dies ist bei einem der von Cosima gezeigten Paare zu erkennen, doch ist es nicht zu sehen, sondern nur mit einiger Gewissheit zu erahnen: bei dem Paar mit dem verhüllten, offensichtlich bis zur Impotenz beschwipsten Bacchus, dem eine Knieende unter dessen Kutte diensteifrig – und vermutlich wohl vergeblich – einen oral bewirkten Samenabgang zu besorgen sich bemüht.

Ansonsten wendet jene Griechin, die ihren nackten Po dem gut gebauten Helden einladend vor sein tüchtig prolongiertes Spatzi reckt, sich sichtlich amüsiert zu dessen Antlitz um. Wobei’s nicht klar ist, was die Griechin amüsiert: das, was der Held mit seinem Glied gerade mit ihr vorhat, oder das, was ihm trotz Müh und Plag‘ am anvisierten Ziel vorbei mit seinem zugespitzten Spatz misslingt.

Betrachten wir dann auf der nächsten Vase zwei antike Herren. Es sind wohl Krieger, die gerade außer Dienst, die hier in Reih und Glied (das unvermeidlich erigiert ist) posieren. Wobei dem Griechen rechts im Bild von seiner Latte tropft, was vielleicht nicht Sperma darstellt, sondern – keine Ahnung – etwa Blut? Oder nur in Hektik abgegangenes Lulu?

Ist dies nun Porno – oder doch vielmehr eine zum Krieg trainierte Männerwelt, die uns in aller Peinlichkeit von Cosima zum Lachen vorgeführt?

Erblicken wir zum Schluss Herrn Hermes mit den Flügeln an den Füßen und am Rücken und einem prallen Steifen vor dem Bug, so sehen wir die Griechin auf dem selben Bilde keineswegs von ihm entzückt. Sie flieht den aufgegeilten Götterboten. Sie nimmt, so schnell sie kann, entsetzt vor ihm Reißaus.

Es sieht – gewiss nicht nur durch Zufall – danach aus, als ging’ es Cosima an ihren Vasen, auf ihren Scherben und in ihren Blättern nicht um Porno. Es sieht vielmehr so aus, als ging’s ihr – mit viel Witz – um geharnischte Kritik an der seit Tausenden von Jahren ebenso anmaßend wie selbstverständlich in allen Lebenslagen praktizierten „Herr“schaft,  der Dominanz der Männer über Frauen (wie bereits der Name sagt).

Die Darstellung des erigierten Gliedes an Cosimas antiken Herren hat zudem nicht viel gemein mit jener drohend in die Welt gereckten Keule, die ein antiker Satyr als Phallus gewichtig vor sich herträgt. Sie wirkt bei Cosima doch eher wie das Abbild jenes Bürzels, das Enten beim Tauchgang und beim Abschied präsentieren. Wer denkt nicht bei dem Anblick an den Hintern von Walt Disney’s Donald Duck, von Daisy Duck und von Dick, Trick und Track?

Was den Betrachtenden von Cosimas nur scheinbar so frivolen Paaren stets verborgen bleibt, ist das Intimste der ins Bild gesetzten Damen. Kein Wunder, denn sie geben diesen süßen Blick wohl freiwillig nur denjenigen Preis, die ihr Vertrauen haben und von denen sie gewiss sind, dass sie der Frau behutsam in Güte und in Liebe zugewandt. Sodass, so will‘s die Hoffnung, die nächste Generation das Licht der Welt in einer bess’ren Welt erblickt.

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Griechische Vasen, eine Zufallsproduktion.
Cosima Reif übt Radikalkritik an Herrschaft, von leichter Hand in Ton gebrannt.

Wir dürfen lachen, auch wo’s nicht zum Lachen ist.

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