Das Wunder von Wörgl….

Ja, jetzt isses weg: Österreichs Triple-A- Rating.
Böse, böse Rating -Agenturen. Das ist bestimmt eine geschobene Partie gewesen. Doch halt! Es kann auch sein, dass die Rating -Agenturen doch mal durchs Land gezogen sind und dabei über unermesslich große Beamtenburgen gestolpert sind, über Wirtschaftskammern, Ärztekammern, Apothekerkammern, Gewerkschaften, und über die Prunk- und Prachtbauten der SVA.
Ja, dachten die guten Leute, da kann man ja nicht mehr länger zuschauen, bei diesen Produktivitätsvampiren. Wenn dann nicht gleich das zweite A weg ist. ….

Für die Zufallsproduktion ein Grund, auf den Plan zu treten und Lösungen vorzuschlagen. Wenn es nicht mehr so flutscht mit dem Euro, sollte man flugs ein neues, eigenes Geld drucken.

Dafür gibt es ja ein großes Vorbild: Das Wunder von Wörgl.
In den frühen dreissiger Jahren war in Wörgl, Tirol, das Geld fast noch knapper als heute. Es gab dafür Schulden, Niedergang, Arbeitslosigkeit. Wenn der Bürgermeister was investieren wollte, hat er nicht einmal einen Kredit bekommen. Deshalb hat Wörgl kurzum sein eigenes Geld gedruckt. Das Freigeld. Genauer gesagt:
Das Schwundgeld.

Das Schwundgeld ist eine feine Sache: Es wird jede Woche 5% weniger wert. Also, Sie kriegen am 1. Mai 20 Knochen. Die werden datiert. Und am 8. Mai ist der Knochen-Schein nur noch 19 Wert. Und am 15. nur noch 18.
Wer sein Geld auf dem Stand halten will, muss Zusatz-Marken draufkleben. Jede Woche einen Knochen. Das wird teuer auf Dauer, deshalb gibt man das Geld am besten gleich aus. Und fügt der Wirtschaft neuen Schwung zu. Denn wer es einnimmt, muss es ebenfalls bald wieder loswerden….

Weil wir beim Knochen sind: Ein paar Künstler am Prenzlauer Berg haben Mitte der 90er auch eine Art eigenes Freigeld gedruckt. Den Knochen. (siehe oben) Es gab 30 Kneipen, die Knochen als Zahlungsmittel akzeptiert haben. Auch der Knochen verlor Woche für Woche an Wert, deshalb hatte man allen Grund, ihn ganz SCHNELL in die Kneipe zu tragen.

Knochen hieß dieses Freigeld deshalb, weil die Künstler meinten, das alte Sprichwort mit dem „stinkt nicht“ sei nicht richtig. Wie alte Knochen beginnt Geld zu stinken, wenn es nicht zirkuliert.

Unknown

Die Knochen vom Prenzlberg waren übrigens wunderbar gestaltet, dieser Schein hier vergleiche einen Orgasmus mit 500 Kalorien, vulgo mit 20 Knochen. Gar nicht so abwegig, weil ein Orgasmus ist ja auch Wochen danach viel weniger wert.

Jedenfalls: In Berlin habe ich damals beim Knochentausch erfahren, wie einfallsreich die Gemeinde Wörgl mit ihrem SPÖ-Bürgermeister Michael UNTERGUGGENBERGER war. Was für ein Name ! Und dann auch noch SPÖ! Und angeblich wurde alles im Gemeinderat mit größter Einigkeit beschlossen.
In einem Jahr gelang es Unterguggenberger, die Arbeitslosigkeit um 25% zu senken, während sie im restlichen Österreich im gleichen Zeitraum um 20% stieg.
Unterguggenberger wurde berühmt, aus aller Welt kamen Anfragen und Unterguggenberger wurde es verwehrt, in die Schweiz einzureisen, aus Angst, er könnte sein Modell dorthin exportieren.

1933 kam es dann – unter Androhung des Einmarsches der Armee – zum Ende des Wörgler Experiments. Schon vorher hatte die Nationalbank sowie die Regierung mannigfaltig mit Sanktionen gedroht, doch die Tiroler Behörden haben – tja, das passiert- dauernd die Anklageschriften verlegt oder an die falschen Unterguggenbergers geschickt und was sich sonst noch an Zeitverzögerungstaktiken gibt.

Wer mehr über das Schwundgeld erfahren möchte, dem sei die Wiener Zeitung ans Herz gelegt:

http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/archiv/?em_cnt=95106

und wenn es keine Euros mehr gibt, sollten wir zu Knochen oder sonstwelchem Freigeld kommen.

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