Wir sind noch nicht tot, aber wir haben schon ganz viel Besuch.

Es ist beruhigend und natürlich ein gewisser Luxus, den letzten Wohnsitz schon fix und fertig zu wissen. Franzi, Jürgen, Jürgen II und ich gedenken, die Ewigkeit in Berlin Mitte zu verbringen, im St. Elisabeth-Friedhof an der Ackerstraße. Nun kann man umfallen, wo man geht und steht, wird urnengerecht dehydriert und kann sein müdes Haupt in den Märkischen Sand betten. Das ist, wie gesagt, sehr beruhigend und gibt mir das Gefühl einer wahrhaft pharaonischen Weitsicht.

Natürlich ist die letzte Ruhestätte auch eine Zufallsproduktion, kein Wunder, waren doch 4 Leute daran beteiligt und die Geschmäcker waren durchaus verschieden. Zum Beispiel das Schriftbild, da hätten wir uns fast in die Haare gekriegt – die ja nach dem Tod noch wochenlang weiter wachsen. Ich zum Beispiel dachte, das Geburts- und Sterbejahr reicht völlig aus, Monat und Tag sind nur dummer Zierrat, der den Beutel des Steinmetzes füllt. Von Cordula stammte die großartige Idee, dass man das Sterbedatum gleich mit einmeißeln lässt – also ich wäre dann 1959 geboren und 2059 gestorben. Die Jungs hätten von 1960 bis 2060 gelebt und Franziska von 1956 bis 2056. Das wäre originell gewesen und hätte mehrere Hunderter gespart, aber die Männer wollten lieber Hard Facts.

JM hätte auch liebend gerne eins der vielen, vom Verfall bedrohten Gründerzeit-Grabmale erworben, Fläche 25 qm, mit hohen Säulen und einem überlebensgroßem Engel, der bittere Tränen vergießt. Diese ehemaligen Status-Symbole rotten leider in einer Welt ohne Transzendenz schmählich vor sich hin. Aber mit so einem Grabmal hätten wir den Denkmalschutz auf dem Hals und billig ist es auch nicht. Die erforderlichen 20.000 Euro brauchen wir leider im Diesseits.

Das Grab ist mittlerweile zu einer Pilgerstätte geworden und wir bekommen ganz viel Besuch. Auf obigem Bild sehen wir Tristan, Hanni, Rudi und Kundry.

Ob der rege Besuch anhält, wenn JN keine Sonntags-Schnitzel mehr bäckt, kann man nicht sagen. Aber dann kommen halt andere Leute. Auf dem marmornen Papierflieger auf dem Grab, eine Arbeit des Berliner Bildhauers Andreas Blank, lassen sich gerne Schmetterlinge nieder, so dieser Admiral.

 

Und – kennen Sie den? Treffen sich zwei ältere Damen im 71er, in der Straßenbahn zum Zentralfriedhof. „Meine Liebe, wie geht es Ihnen? Kochen Sie noch oder gießen Sie schon?“